Ohne sie wären wir alle nicht hier: Wir haben uns mit Gründerin Heike Felten zum Picknick getroffen und sie im Interview die letzten 15 Jahre Revue passieren lassen.
Erzählen Sie doch mal: Wie kam es überhaupt zur Gründung von Felten Personalservice?
Ich bin ja von Haus aus Diplom-Pädagogin. Schon seit meinem Studium habe ich immer im sozialen Gesundheitswesen gearbeitet und dort Bildungsmaßnahmen betreut. Ich habe in Krankenpflegeschulen unterrichtet und Praktikanten in Altenheime, Krankenhäuser und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung begleitet.
2004 hatte ich die Möglichkeit, für einen Wohlfahrtsverband, dem viele Altenheime angehörten, ein eigenes Personaldienstleistungsunternehmen als Tochterfirma aufzubauen. Für mich war Personaldienstleistung immer ein super Instrument, um Leute, die arbeiten wollen, aber einen eher schwierigen Lebenslauf haben, in die Berufswelt zu bekommen. In der Personaldienstleistung guckt man nicht starr auf den Lebenslauf, sondern lässt die Leute einfach da arbeiten, wo es zu ihren Qualifikationen passt.
„Man guckt nicht starr auf den Lebenslauf,
sondern lässt die Leute da arbeiten, wo es zu ihren Qualifikationen passt“
Als ich gesehen habe, wie viel Personalbedarf in Altenheimen herrscht, habe ich den Wohlfahrtsverband gefragt, ob man nicht ein eigenes Personaldienstleistungsunternehmen nur für diesen Wohlfahrtsverband aufbauen möchte. Für Pflegekräfte, die dort eingesetzt werden, wo Personalengpässe herrschen. So würden wir Arbeitsplätze für Menschen schaffen, die in die Pflege wollen, und bestenfalls könnten wir einige Menschen auch vorher selbst qualifizieren.
So durfte ich mit einigen Kollegen das Projekt für den Verband als eigenständige, gemeinnützige GmbH aufbauen. Das habe ich zwei Jahre gemacht, und das lief gut. Wir hatten über 100 Mitarbeiter.

Woher kam der Wunsch, Felten Personalservice ins Leben zu rufen?
Ein Grund war, dass ich mir gedacht habe, Personaldienstleistung muss ja nicht nur für diesen einen Wohlfahrtsverband, sondern allgemein für die Pflegewelt interessant sein. Ich bekam günstig einen Büroraum, und dann habe ich einfach losgelegt. Ich habe Anzeigen geschaltet, Einrichtungen besucht, Bewerbungsgespräche geführt und telefoniert, telefoniert, telefoniert.
Und wie lief der Start von Felten Personalservice?
Erstaunlich gut! Vor 15 Jahren gab es tatsächlich Pflegekräfte, die arbeitslos waren, zum Beispiel, weil ihr Lebenslauf nicht so ganz toll war oder sie Berufsanfänger waren. Schon nach zwei Monaten konnte ich meine erste Mitarbeiterin einstellen, die liebe Monika, die immer noch bei uns ist. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Der Bedarf war einfach da. Es war einfach die richtige Idee zur richtigen Zeit. Es gab in der Pflegebranche kaum Zeitarbeit. Ich erinnere mich nur an zwei andere Unternehmen, die Ähnliches gemacht haben. Mit diesen anderen Unternehmen waren wir die Vorreiter in unserem Bereich.
Das Image der Zeitarbeit war damals aber noch deutlich negativer als heute, oder?
Auf jeden Fall! Man musste noch sehr viel erklären und überzeugen. Heute weiß jede Gesundheitseinrichtung, wie Personaldienstleistung für das Gesundheitswesen funktioniert. Damals nicht. Zeitarbeit kannte man höchstens aus dem gewerblichen Bereich. Zudem litt Zeitarbeit immer unter dem Stigma „Sklavenarbeit“. Dementsprechend waren die sozialen Betriebe, vom Krankenhaus bis zum Altenheim, skeptisch. Den Kundeneinrichtungen und Pflegedienstleitungen war es damals ebenso wie heute wichtig, dass wir die Leute fair behandeln.

Dort wird sozial gearbeitet, und man wollte nicht, dass ich Personal schicke, das ich wie Sklaven halte. Das entspricht aber natürlich überhaupt nicht meinem Menschenbild und meiner Vorstellung, wie man mit Kollegen und Mitarbeitern umgeht. Ich bin Pädagogin, keine Betriebswirtin. Mir ging es nie darum, den maximalen Profit zu erwirtschaften, sondern meine Mitarbeiter als Kollegen zu sehen, mit denen ich zusammenarbeite, und nicht gegen die ich arbeite. Ich habe meine Mitarbeiter fair behandelt, ich habe die Kunden fair behandelt, und das kam gut an.
Wie schwierig war es damals, die Pflege-Einrichtungen von Ihrem Konzept zu überzeugen?
Obwohl ich keine Ausbildung in der Pflege hatte, habe ich durch meine viele Zeit in den Einrichtungen und durch die Betreuung von Pflegekräften in der beruflichen Bildungsarbeit die Sprache der Branche gesprochen.
Und die Pflegekräfte?
Auch die waren anfangs skeptisch. Die musste man im persönlichen Gespräch überzeugen und ihnen erklären, dass sie fest bezahlt werden, auch wenn sie mal keinen Einsatz haben, dass wir sie nicht irgendwohin schicken, wo es ihnen nicht gefällt, und dass wir sie passend zu ihrer Qualifikation einsetzen.
„Ich habe meine Mitarbeiter und Kunden fair behandelt – das kam gut an“
Viele Pflegekräfte wurden damals dann auch von den Einrichtungen übernommen. Heute wird auch versucht, unsere Pflegekräfte abzuwerben, aber die meisten bleiben ja bei uns.
Hätten Sie damals gedacht, dass die Firma jemals so groß werden würde?
Nein. Das wurde erst absehbar, als Joschka dazukam. Der hatte eine ganz andere – wie mein Vater sagt – „Kawupsidität“. Der war jung, der wollte etwas reißen. Ich hatte schon gerissen, es lief alles, ich hatte ein schönes Unternehmen. Ich habe aber zu Joschka gesagt: „Meinetwegen muss die Firma nicht so groß werden, aber wenn du willst, dann mach.“

2014 kam Ihr Sohn Joschka ins Unternehmen. Warum eigentlich?
2014 gab es das Unternehmen seit acht Jahren, und diese acht Jahre habe ich das Unternehmen ganz allein geführt. Wir waren damals schon etwas über 100 Pflegekräfte, dazu acht oder neun Mitarbeiter in der Verwaltung. Es ist unfassbar anstrengend, ein Unternehmen zu führen.

Der Terminkalender war voll mit Kundenbesuchen und Bewerbungsgesprächen. Dazu die ganzen betriebswirtschaftlichen Aufgaben. Ich habe sechs Tage die Woche gearbeitet, jeden Tag zehn bis zwölf Stunden, habe tausende Kilometer in ganz NRW abgefahren, habe meine Disponenten mit viel Herzblut angelernt. Ich war in allen Bereichen unterwegs. Und 2009 kam ja auch noch die Zweigstelle in Essen dazu.

Wenn es einem Spaß macht, dann macht man das gerne. Aber auch Dinge, die Spaß machen, können irgendwann zu viel werden. Joschka war zu der Zeit mit dem Studium fertig und hatte mehrere Jahre Berufserfahrung, auch in leitender Position, gesammelt. Zudem hegte er schon länger den Wunsch, bei mir einzusteigen. Letztendlich kam er dann etwas früher als Unterstützung hinzu.
„Ich habe sechs Tage die Woche, zehn bis zwölf Stunden am Tag gearbeitet“
Mittlerweile ist auch Ihr anderer Sohn Bastian mit an Bord. Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit Joschka und Basti?
Die klappt gut! In vielen Familienbetrieben läuft das deutlich weniger reibungslos, vor allem, wenn ein Generationswechsel ansteht. Natürlich haben wir unsere Reibereien und Diskussionen, aber das ist gut so. Wir können auf Augenhöhe diskutieren, auch mal intensiver. In Gesprächen mit anderen Abteilungen und Kollegen bin ich da deutlich diplomatischer.
Joschka, Basti und ich diskutieren auch diplomatisch, aber man traut sich, Kritik zu äußern, die andere Mitarbeiter gegenüber Vorgesetzten vielleicht nicht äußern würden. Das hat mir in den acht Jahren, in denen ich alleinige Geschäftsführerin war, wirklich gefehlt: ein Sparringspartner, der mir auch mal auf die Füße tritt und auch mal einen anderen Weg gehen will.
Das bedeutet für mich aber auch, loszulassen. Manche Sachen würde ich bestimmt anders machen als Joschka oder Basti. Aber ich lasse die beiden machen. Auch wenn ich das Loslassen immer noch nicht perfekt beherrsche.
Was sind denn die größten Reibungspunkte zwischen Ihnen und Ihren Söhnen?
Mitarbeiterführung ist generell ein schwieriges Thema, und natürlich ist das auch immer mal wieder ein Thema zwischen uns. Jeder hat da seinen eigenen Stil und seine eigenen Vorstellungen. Das ist natürlich auch eine Generationsfrage. Aber letztendlich finden wir auch da immer eine gute Aufgabenteilung und einen gemeinsamen Nenner.
Joschka meint zwar, dass ich manchmal zu streng rüberkomme. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich eigentlich ganz handzahm und für jeden Spaß zu haben bin.
Wie hat sich ihr Job verändert, seit Joschka und Bastian eingestiegen sind?
Das Leben ist für mich tatsächlich relaxter geworden, weil ich nicht mehr alles allein machen muss. Ich konnte nun Aufgaben an Joschka und Basti, aber auch an die vielen anderen Mitarbeiter abgeben, vom Vertrieb bis zum Marketing. Ich kann mich spezialisieren. Jetzt habe ich den Luxus – und ich betrachte das als absoluten Luxus – mir aussuchen zu können, welche Aufgaben ich übernehme, zum Beispiel derzeit das Qualitätsmanagement und die Weiterbildungen unserer Mitarbeiter aus Pflege und Büro. Und ich kümmere mich darum, dass jedes Jahr einige unserer Pflegeassistenten und Helfer die dreijährige Ausbildung zur Fachkraft machen können. Das ist einfach mein Bereich, das macht mir extrem viel Spaß.
Sie sprachen eben schon vom Loslassen. Haben Sie schon Pläne für den Ruhestand?
Viel zu viele! Ich habe nach wie vor den Traum, eine Stiftung im beruflichen Bildungsbereich für den Pflegebereich zu gründen. Ich will der Pflege erhalten bleiben und Menschen qualifizieren, die sonst vielleicht nicht die Chance haben, in der Pflege zu arbeiten. Also das, was wir mit unseren Weiterbildungen für Pflegekräfte jetzt schon machen, noch einmal zu intensivieren.
„Ich habe noch eine Menge Ideen im Kopf“
Außerdem habe ich ja auch zwei Enkelkinder, die mich auf Trab halten. Und wenn irgendwann doch Langeweile aufkäme, würde ich mich noch stärker ehrenamtlich engagieren. Ich träume auch immer noch davon, Yoga-Lehrerin zu werden. Hach, ich habe noch eine Menge Ideen im Kopf!
Ich werde aber nie sagen: „Ich mache jetzt nix mehr, ich gehe jetzt in Rente.“ Da habe ich keinen Bock drauf, das ist nicht mein Ding. Ich brauche zwar keine 60-Stunden-Woche mehr, aber so gar nix mehr zu machen, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.
Zum Abschluss ein Resümee: Würden Sie rückblickend irgendetwas anders machen?
Nein, nichts! Man muss seine Erfahrungen in jungen Jahren und danach machen, und ich möchte keine Erfahrung missen, die ich in den vergangenen 15 Jahren gemacht habe. Natürlich gab es schwierige Momente, die viele Arbeit, oder auch Kündigungen. Die gehen mir bis heute nah. Und die Gelassenheit, die ich heute habe, hätte ich damals schon gerne gehabt. Auch, als meine Kinder klein waren. Als Omi bin ich deutlich entspannter – so geht es aber fast jeder Omi.
Ich hatte viel Glück im Leben. Das war nicht immer so, ich wurde nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren. Wir waren sechs Kinder, ein Arbeiterhaushalt, meine Eltern beide Kriegsgeflüchtete. Das war kein Zuckerschlecken. Aber letztendlich musste alles so sein, wie es war, damit es jetzt so ist, wie es ist. Ich bin glücklich – und davon möchte und kann ich etwas zurückgeben.
